23.11.05

Darjeeling - an der Regenrinne zum Dach der Welt

Dreizehn Stunden Zug, 2nd AC, und eine Erkaeltung mitgenommen. In New Jalpaiguri in eine Schmalspurbahn umgestiegen und weitere neun Stunden bergauf gefahren. Sind jetzt miten im Teeanbaugebiet auf einer Hill-Station auf 2500 Metern Hoehe, wo ca. 100.000 Menschen leben, die mehr aussehen wie Nepalesen als Inder. Und ich sag mal so: Ich frier mir hier den Arsch ab. Hab Kaelte ja schon erwartet und mir was mitgenommen. Aber brrrrrrrr...wie in Deutschland. Haben uns in ein schickes grosses und sehr altes aber unbeheiztes Zimmer in einem Hotel am zentralsten und hoechsten Platz in Darjeeling eingemietet. Gestern sind wir auf dem Bazaar erstmal Schals und Decken einkaufen gegangen, danach Essen und weil's dann schon so spaet war - saemtliche Restaurants machen hier um halb neun dicht - ab in's Bett.

Heute morgen sind wir in aller Herrgottsfruehe, also um halb vier aufgestanden, um unweit von hier Tiger Hill rechtzeitig zum Sonnenaufgang mit einem Jeep zu erklimmen. Trotz dicker Wolkendecke am Vortag sind wir hier ein bisschen, aber nicht wirklich enttaeuscht worden. Stundenlanges Warten in der Kaelte bescherte uns einen einzigartig intensiven Blick auf die Himalayas. Dabei sogar den Gipfel des Everests erahnen koennen und in unmittelbarer Naehe Achttausender mit unaussprechbaren Namen.
Von dort aus sind wir heimgewandert und haben dabei Bekanntschaft mit einigen Einheimischen geschlossen. Wer's nicht glaubt soll selber kommen. Die Himalaya-Bewohner laecheln ehrlich und immer.
Diesen Nachmittag haben wir einen Abstecher in den welthoechstgelegenen Zoo gemacht, der ein paar Vertreter der Fauna des Himalaya beherbergt, darunter Yaks, Red Pandas, Schneeleoparden und Tiger. Auf dem Heimweg ueber die Teeplantagen gewandert und die Aussicht genossen. Im Happy Valley Tea Estate wird der handgepflueckte und unbehandelte Tee verarbeitet und nach einer kurzen Fuehrung mit einer ausfuehrlichen Einfuehrung in den Herstellungsprozess hatten wir die einzigartige Moeglichkeit den soeben bestaunten Tee zu einem einzigartigen Preis zu erstehen. Erstaunlicher war die "Teezauberin", die uns gezeigt hat, wie man aus Teeblueten und lediglich den Spitzen der Teeblaetter innerhalb von 5 Sekunden Aufbruehzeit einen Tee aufbruehen kann. Koestlich und so fein...

Soddom und Kolkata

So da waer ich mal wieder. Hab jetzt erst die Moeglichkeit und Zeit gefunden, ein Cyber-Cafe aufzusuchen. Befinden uns gerade in Darjeeling, der Stadt/Region zum leckeren Tee. Werde spaeter noch darueber berichten, erstmal ein paar wenige Worte ueber Kolkata verlieren.
Unsere erste Station haben wir mit dem Flieger spaet abends erreicht. Am Flughafen von Kolkata, uebrigens der Hindi- und inzwischen offizielle Name fuer Calcutta, hat uns schon ein junges Ehepaar erwartet, welches mit Madhu befreundet ist. Wie urspruenglich ausgemacht, sollten wir die geplanten drei Naechte bei ihnen zuhause verbringen, um einerseits ein bisschen Geld zu sparen und andererseits direkt am Alltag beteiligt zu sein. Am selbigen fruehen Abend haben sich die beiden allerdings gedacht, sie koennten uns in ein guenstiges und tolles Guesthouse stecken, weil sie selber ja so weit draussen wohnen und das fuer uns ja so ungeschickt ist. War fuer uns auch ok. Also sind wir Richtung Salt Lake City gefahren und haben die Besitzer um elf Uhr nachts noch rausgeklingelt. Auf dem Weg wurde uns noch erzaehlt, dass z.Z. ein internationales Filmfestival steigt und deshalb alle Betten ausgebucht waeren - ausser eben dieses - was fuer'n Glueck! Sind mit ihnen dann noch was essen gegangen und haben sie dann auf die weite Reise in ihr eigenes Heim geschickt.
Am naechsten Morgen aufgewacht und ein bisschen die Gegend erkundet und dabei festgestellt, dass die
Salt Lake City ein Neubaugebiet am Rande der 25 Millionen Stadt Kolkata ist, also sowas von gar nicht zentral. Zum ausgemachten Zeitpunkt ist das Ehepaar dann auch nicht aufgetaucht. Nach einem kurzen Anruf stellte sich heraus, dass der Aermste ploetzlich todkrank sei und in's Krankenhaus muesste, Magenprobleme. Haben die beiden uebrigens die restlichen zwei Tage auch nicht mehr gesehen, er ist naemlich genau an dem Abend aus dem Hospital gekommen, an dem wir weitergereist sind. Ein enttaeuschendes Beispiel indischer Gastfreundschaft...
Da wir das eh schon geahnt haben, sind wir von vornherein allein rumgezogen und haben uns die weltunbekanntesten Sehenswuerdigkeiten gegeben, die Kolkata zu bieten hat. Mit dabei war das Victoria Memorial, das die Briten vor einiger Zeit wahrscheinlich fuer "Charles, Prince of Wales Himself" errichtet haben, das Eden Garden-Cricket Stadion und die Howghli-Bridge, die sich dadurch auszeichnet, dass sie eine Spannweite von ueber 400 Metern ohne Pfeiler ueberspannt und dabei einen indischen Berufsverkehr tragen kann, dabei aber nicht zu sehen ist, vor lauter Abgasen. Etwas schoenes war aber das Hauptquartier der Organisation von Mutter Theresa, in dem sie auch begraben liegt und eine Gedenkstatue steht. Viele junge Leute aus aller Welt haben sich dort als Volunteers gemeldet, um fuer eine frei waehlbare Zeit edlen Dienst zu leisten. Kolkatas ehrliches Gesicht, d.h. die engen und schmutzigen Strassen, mit Behausungen, die nicht viel groesser als eine Behinderten-Toilette sind, hat uns ein Einheimischer gezeigt, den wir im Park zum Memorial kennengelernt haben.
Anfangs noch ueberrascht, dass die Strassen in Kolkata, im Gegensatz zu Hyderabad uberhaupt nicht ueberfuellt sind (nachts jedenfalls), die Luft so sauber (im Stadtrandwohngebiet), die Gegend so ruhig (dito) und die Leute so freundlich (solange Du Geld hast), stellte sich in kuerzester Zeit heraus, dass man vor lauter Staub und Abgasen weder atmen noch sprechen kann, Verkehrschaos nicht existiert, weil vor lauter Fahrzeugen kein Verkehr mehr stattfindet und fast jeder, dem wir begegnet sind uns bescheissen wollte und es auch tat. Taxifahrern traue ich sowieso nirgends mehr auf der Welt. Wenn Du auf diese weltweit agierende und bis ins Detail organisierte mafioese Berufgruppe angewiesen bist, musst Du als Non-Local sowieso schon den dreifachen Preis bezahlen. Nach kurzer Zeit hatten wir den Stadtplan schon fast im Kopf - sind ja immerhin mit dem Taxi gut rumgekommen - konnten uns deshalb auf den Bus wagen. Wenn Du erstmal den richtigen Bus erwischst, weil die Route (wie freundlich) auf Bengali angeschrieben steht, befindest Du Dich mitten in einem Stahl-Elefanten-Rennen. Die Strasse vollgestopft mit vier Bussen, die zur gleichen Zeit die gleiche Route fahren und versuchen sich gegenseitig Kunden abzulocken. Am naechsten Tag also mit der Rikscha und der Metro. Ging, war ok und war billig. Aber der letzte Tag. Jetzt wissen wir's fuer's naechste Mal, was hoffentlich nicht so bald ist.
Nette Sache noch. Hab naemlich erzaehlt bekommen, dass Guenter Grass in diesen Tagen in Kolkata residiert. Zufaellig versuche ich gerade die Blechtrommel zu lesen und dachte ich koennte ihm vielleicht eine Widmung und ein Foto abluchsen. Immerhin ein Nobelpreistraeger. Das Hotel soll dasselbe sein wie im Film "City of Joy". Also diesen Film angeschaut und beim Hotel hingeschaut, bei Patrick Swayze weggescheschaut. Name notiert und in Kolkata den passenden Namen zum fiktiven Filmnamen recherchiert. Dorthin gefahren und mitgeteilt bekommen, dass Guenni vor vier Monaten fuer drei Wochen hier im kitschig britischen Schloesschen inmitten der Elendsgegend gewohnt habe. Als Trostpreis habe ich mein Foto aber bekommen - ein Original mit Guenter und seiner Gattin. Freu mich voll...

18.11.05

Und tschuess...

Gestern noch die letzten Besorgungen gemacht und abends im 10 Downing mit ordentlich Gedoens Stefan's Geburtstag gefeiert. Zu diesem Anlass haben wir uns von den meisten Menschen verabschieden koennen, die wir im Laufe unseres kurzen Aufenthalts als Freunde gewinnen konnten, und zu der Zeit, wenn wir von unserer Reise zurueck kommen, schon wieder ueber die Welt verstreut sein werden.

Heute abend geht unser Flieger los nach Kolkata, City of Joy. Dort bleiben wir ein paar Tage bei Freunden von Freunden und werden anschliessend in den Norden nach Darjeeling fahren, bisschen Tee pfluecken. Melde mich bei Gelegenheit...

15.11.05

Escaping slavery

So, letzter Tag bei der Arbeit fuer mich. Muesste eigentlich noch die Dokumentation uebersetzen, die ich zum Programm und Katalogisierungs-System geschrieben hab, das wir hier entwickelt haben und die Firma effizienter machen soll. Hab aber echt keinen Nerv mehr, muesste naemlich in anderthalb Stunden 20 Seiten uebersetzen. Nee Du, morgen dann...

Mein indischer Chef witzelt schon seit drei Wochen rum, ob ich die Zuege fuer die Reise schon gebucht habe, ansonsten koennte ich ja noch einen Monat verlaengern. Mein indischer Kollege sieht den Tag schon kommen, an dem er mit den kryptischen Katalogbezeichnungen, wirre Auswuechse unserer groessenwahnsinnigen Studentenhirne, alleine da steht. Deswegen hat er mir gestern noch auf den Hals gebunden, einen jungen Ingenieur in die gesamte Materie plus Produktspektrum der Firma einzufuehren, waehrend er sich um absolut wichtige und dringende Sachen kuemmerte... Auf mein Kommentar, dass mein Arbeitsvertrag eigentlich schon letzten Samstag geendet hat und ich sogar heute (Dienstag) noch da bin und Arbeit verrichte (entspricht eher einem Gefallen), reagierten Boss und Kollege gleich: "Was, Du hast einen Vertrag?"
Werde jetzt langsam meinen Arbeitsplatz aufraeumen und die letzten Spuren beseitigen, Festplatte formatieren und alles mit Benzin ueberschuetten und den Flammen zum Opfer geben, der Firma den Ruecken kehren und auf ein anstaendiges Praktikumszeugnis hoffen.

Muessen noch ein paar Sachen fuer die Reise abchecken. Haben schon alle Fluege und Zuege und ein paar Reservierungen fuer Hotels, weil wir zur ueberfuellten Weihnachtszeit nicht auf Indiens Strassen hausen moechten. Fuer Goa fehlt uns noch eine Huette oder ein Baumhaus, reservieren kann man dort nur vor Ort.
Auf Justynas Befuerchtung, dass wir zur Weihnachtszeit wohl die halbe Nacht suchen muessten, um am Ende in einem Stall zu pennen, meinte ich, wir hiessen ja nicht Maria und Josef. Und Jungfrau sei sie nun mal auch nicht mehr... Zu offensichtlich...

14.11.05

Love/Hate: Serviceparadies Indien fuer Dummies

Bin oefters gefragt worden, was ich an Indien liebe und was ich hasse. Ich sach ma: Alles irgendwie beides.

Nach einem wochenlangem Kampf mit der Vorstellung von Moral und Anstand, die einem selbst in's Gehirn gebrannt wurde, und dass diese hier mit der Tatsache mit Fuessen getreten wird, dass man hier alles hinterhergetragen bekommt, ueberall bedient wird und die Tuer aufgehalten bekommt, muss ich gestehen: Ich hab mich daran gewoehnt. Wahrscheinlich werde ich mich schwer tun, wieder alleine abzuwaschen, den Muell runterzubringen, nach einem Saufgelage nicht heimgefahren zu werden, sondern einsam nach Hause torkeln zu muessen und vielleicht werde ich meine eh schon flache Nase gegen so manche Tuer knallen, weil sie mir nicht eilig aufgehalten wird. Ein Schelm, wer dabei Schlimmes denkt...

Anfangs empfand ich es als unglaublich laestig, in jedem Laden sofort drei Angestellte um mich rum zu haben, die mich mit Fragen bombardiert haben, wie, ob mir die Groesse so passe, ob's ein bisschen weiter sein darf, ob ich nicht auch diesen anderen Style probieren moechte,... In Restaurants nach jedem Biss gefragt zu werden, ob der jetzt ok war, die Schaerfe gering genug, die Konsistenz auch nicht zu fest, das Wasser kuehl genug, ob sie mir nochmal einen Aschenbecher bringen duerfen, kann schon so richtig auf den Sack gehen. Aber: Immerhin wird hier nach meinem Wohlbefinden gefragt, und was sich zu meiner positiven Ueberraschung feststellen durfte: Die Fragen werden sehr ehrlich gestellt. Wenn's Dir naemlich nicht gefaellt, werden sofoft saemtliche Hebel in Bewegung gesetzt, um den gegenwaertigen Zustand so gut es geht zu beseitigen, und zehnmal um Entschuldigung gebeten. Es ist eine Art von Entgegenkommen, die ich anfangs noch als ekelhaft unterwuerfig empfunden habe - vielmehr ist es aber Ehre, die einem als Kunden, Zahlendem oder Vorgesetztem erwiesen wird. Ganz und gar nicht unterwuerfig, sondern in der religions- und traditionsbewussten Gesellschaft tief verankert und in dieser Logik sogar Erhaben wer sich so verhaelt. Man wird hier ehrlich und aufrichtig geehrt und sollte den anderen Menschen (wieder passend zu unserer Moral) genauso ehren; ostasiatische Etikette wie aus dem Bilderbuch.
Als Europaer hat man ja sofort ein schlechtes Gewissen, sobald man mit Service in Beruehrung geraet und verhaelt sich entweder peinlich beruehrt oder mies gelaunt wie ein Spaet-Kolionalist.

Kann folgenden Umgang mit schwierigen Situationen empfehlen:
- Den Kopf so wackeln, wie die Einheimischen, heisst: In einer raetselhaften Mischung aus bejahendem Nicken und verneinenden Schuetteln eine undeutbare Aussage machen (erfordert ein bisschen Uebung).
- Immer schoen laecheln.
- Dabei durch die Blume und mit ein bisschen Witz mitteilen, was jetzt nicht so toll ist, oder was man besonders schaetzt.

Macht echt Spass, Inder genauso auf dem Schlauch stehen zu lassen, wie sie es mit mir sehr haeufig tun. Das beste dabei: sofort wird gehandelt. Wenn nicht mit dem gewuenschten Effekt, dann das gleiche nochmal von vorne: Kopf wackeln, laecheln, sprechen,...

11.11.05

Jazz legends in Hyderabad – excuse me, while I kiss the sky

Lange angekuendigt in saemtlichen Zeitungen und auf riesigen Plakatwaenden: International Jazz Legends im Sheraton Hotel, Hyderabad. Kann man sich ja mal reinziehen dachten wir uns in der Gang. Sollen wohl ziemlich bekannte Musiker (und Schlagzeuger) aus Schweden sein...
Gestern also ein paar Minuten frueher Feierabend gemacht, weil das schon um halb acht steigen soll. Noch in aller Schnelle Sitarunterricht runtergerissen und dann ab dafuer in’s Auto und zum Sheraton. Bis wir uns vor die Pforte fahren lassen konnten, weil dort der rote Teppich ausgelegt liegt, dauerte es schon eine Weile. Die ganze Auffahrt war voll mit den grossen europaeischen Karren, die sich auf Indiens Strassen ruinieren lassen. Aus dem Auto schliesslich ausgestiegen, standen wir nun da, auf den uebertrieben fluffigen Teppichen, in der Halle dieses pompoesen Luxushotels, schauten uns um und kamen uns sehr schaebig vor, totally under-dressed zwischen all den aufgemotzten Menschen in Abendkleidern und Smokings. Die gesamte VIP Hyderabads hat sich hier versammelt, die Reichen und die Schoenen, die Magnaten samt Gattinnen, die Intellektuellen, die Wichtigen, die Musiker (und Schlagzeuger) und wir vier Halunken, Madhu, Juergen, Justyna und ich - aber immerhin eingeladen.
Macht nichts, dachten wir uns, wir werden auch noch alt, und sind schnell hinter den Veranstaltungssaal verschwunden, in den Garten, wo freie Getraenke gereicht wurden und drei riesige identische Buffetts den vornehmen Hunger neureicher Inder und pseudoreicher Europaer schuerten. Ein bisschen hiervon gekostet, ein bisschen davon geschleckelt, ein paar reichhaltige Drinks und der Abend konnte losgehen, nachdem sich um uns inzwischen ein paar Gleichgesinnte versammelt haben, die man schon aus dem 10 Downing kennt und gluecklicherweise auch ziemlich under-dressed waren.
Was ca. 95% der Anwesenden an diesem Abend in diesem festlich weiss dekorierten Saal erwartet haben: Eine kleine Jazz-Combo, die Standards aus dem ‚Real Book’ interpretiert, in einem Groove, zu dem man schoen den Fuss ueber den uebereinandergeschlagenen Beinen schoen im Takt mitwippen kann und dabei versucht den Wein moeglichst nicht zu verschuetten; eine zierliche Saengerin mit einer gewaltigen exotischen Stimme, stets laechelnd und fast unmerklich die Hueften zum Takt wiegend, die Haende brav am Mikrofonstaender. Brillen-und-Halstuch-Jazz mit Klatschen nach jedem Solo. Pfff...

Was die anderen 5% der Anwesenden (zu denen wir nicht gehoerten) schon vorher wussten, die anderen 95% zu ihrer Freude, oder auch nicht, feststellen durften: Die schwedische Jazz-Band hiess „Jonas Hellborg Group“ und bestand aus, ich zitiere: „Jonas Hellborg (bass), a former member of John Mclaughlin's Mahavishnu Orchestra“, „Mattias IA Eklundh, a Swedish rock/metal/shred guitarist…“, Gitarrist der schwedischen Death-Metal Band „Freak Kitchen”, „Morgan Agren (drums)“ mit Steve Vai auf Frank Zappa’s Album „Zappa’s Universe“ zu hoeren.
Die Musik, im weitesten Sinne Fusion-Jazz, mit gitarristischen Anleihen von Musikern wie Zappa, Yngwie Malmsteen, Eddie Van Halen, Hendrix und ein bisschen schwedischen Metal a la Opeth, und am (Akkustik)-Bass total wirres aber grooviges Zeug, dass ich nur mit Les Claypool vergleichen kann. Nennen wir es mal Metal-Jazz... Verzerrte Gitarren zu Slap-Bass und vertrackten Beats.
Total krasses Ding, das. Jazz bedeutet fuer mich ja, viel Freiheit in die Musik zu lassen und grossartig wird’s dann, wenn’s trotzdem klingt wie aus einem Stueck. Was die Jungs da also gestern zusammengeschmissen haben, Metalriffs, klassische Harmonien, orientalische Rythmen, Funk... und Schlagzeugsoli ueber fuenfzehn Minuten. Als Zugabe gab’s dann Hendrix’ Purple Haze (“Excuse me, while I kiss this guy”, oder wie doch gleich…?)
Bis zum Ende waren die Spiesser schon verschwunden und der erstaunlich zahlreiche Rest hatte noch ne coole Zeit mit guitar-talk, Fachsimpeln und Klugscheissen (Musiker halt (und Schlagzeuger ;-)).

Der Link im Titel fuehrt zu der offiziellen Homepage von Mattias IA Eklundh. Scheint ja recht bekannt zu sein der Bursche und mit einigen ziemlich grossen Musikern gespielt zu haben. Hab ihn aber auch nicht gekannt vorher, die anderen zwei noch weniger.

















warm anziehen

Heute morgen in der lokalen Tageszeitung 'The Deccan Chronicle':

Cold kills two persons in city

Hyderabad, Nov. 10: A continuing cold snap claimed the lives of two persons in the city, the first known weather-related deaths this season. Asad Khan, 52, a rickshaw puller, was found dead near Anwar-ul-Uloom college in Mallapally. Asad of Sultan Bazar had left his house on Wednesday night.

A 45-year-old unidentified man was found dead at Habeebnagar crossroads. He was wearing a blue shirt and a pair of white trousers. The minimum temperature was 12.7ºC here. Me-dak recorded 12ºC, Isolated rain occurred over coastal AP, Rayalaseema bringing down temperatures.

...brrr, bibber...

9.11.05

Im Exil

Waere ich im Sommer zum Praktikum nach New Orleans geflogen, keiner haette etwas gesagt. Haette ich jetzt eine Stelle in der Umgebung von Paris angetreten, niemand haette auch nur den leisesten Hauch von Bedenken gehabt. Vogelgrippe, Hurricanes, Strassenschlachten, politisches Desaster, ...

Wieviele gute Ratschlaege ich mir jedoch wegen Indien anhoeren musste und ob ich mir denn sicher sei, und die Gesundheit usw. Hatte bisher noch keinen nennenswerten Durchfall – ausser von zuviel Bier am Vorabend vielleicht ;-)

Um mal ein paar beruhigende Worte loszuwerden: Indien scheint in diesen Tagen noch der sicherste Ort auf der Welt zu sein.

7.11.05

ganz normales Wochenende


Wir sind ja jetzt nur noch zehn Tage in Hyderabad, bevor wir die Odyssee durch Indien antreten. Natuerlich kommen alle Parties und saemtliche Aktivitaeten, die man ja eh schon machen wollte, aber bisher nicht geschafft hat, am Ende zusammen, d.h. an diesem, unserem vorletzten Wochenende.
Hab ich schon erwaehnt, dass es hier nur Feiertage gibt? Freitag jedenfalls wurde das Ende der Ramadan- und damit Fastenzeit gefeiert. Das ganze Wochenende hat man fast keine Moslems auf der Strasse gesehen, weil sie hauptsaechlich damit beschaeftigt waren, zuhause zu sein und fuer die letzten vierzig Tage auf einmal zu essen. Justyna und ich waren am Freitag erstmal tanzen; mal so gemuetlich auschecken, was so ein Hyderabadi Wochenende so bietet. Ganz brav den Popo gewackelt, danach zuechtig nach Hause gegangen und sich fuer den naechsten Tag fit schlafen.
Waren naemlich ganz schoen muede vom kaufrausch getriebenen Shoppingerlebnis am Nachmittag. Die Rupees flutschten nur so durch die Finger...
Der naechste Tag begann, da war die Sonne bereits am Firmament weit oben und der Ayurveda-Masseur vor der Tuer. Das Leben nach einer Uhr setzt einen selbst nur unter Druck und macht ganz verspannt. Irgendwann danach standen Madhu und Gopi ploetzlich da und holten uns zum Go-Kart fetzen ab. Hab ich ja noch nie gemacht davor. Irgendwo draussen am Rande von Hyderabad war dann so ein Vergnuegungszentrum, in dem man Klettern, Rollerskaten, Billard spielen, Luftgewehr schiessen, Bogenschiessen und eben auf einer ca. 700m langen, mit 11 Kurven gesegneten, an der schmalsten Stelle 8m, an der breitesten 15m weiten und der laengsten Geraden von 110m messenden Go-Kart-Strecke Rasenmaehermotoren zum platzen bringen konnte. Dass so ein Go-Kart auch ein Bremspedal besitzt hat mich auch hinterher nicht mehr interessiert.
Voellig im Geschwindigkeitsrausch sind wir danach mit dem Auto in’s 10 Downing gefahren. Nach so ein paar Runden im Go-Kart fuehlt sich eine Servolenkung an, als wuerde man im Yellow Submarine durch rosa Wolken schweben. Eigentlich wollten wir ja nur kurz bleiben, aber wie’s nun mal so ist mit Vorsaetzen,... Das 10 Downing hat seinen vierten Geburtstag gefeiert mit sehr, sehr lauter Musik, sehr guten Drinks und sehr suessen Maedchen an den Turntables. Und hey, die DJanes, die waren nicht nur bezaubernd huebsch, sondern haben auch wirklich guten Sound gespielt! Nein, ich schwoere: WIRKLICH!!!
Ich hab zwar an keiner Tombola mitgemacht, hab aber trotzdem was gewonnen: Einen Einkaufsgutschein fuer Herrenschuhe im Soundso-Laden fuer Denjenigen-Betrag. Wer allerdings schonmal das Erlebnis hatte, in Indien Herrenschuhe einzukaufen, der kann es wohl nachvollziehen, dass ich lieber einen Blumentopf gewonnen haette.
Spaeter, und ich weiss echt nicht mehr wie, befanden wir uns auf einer Party im Freien. Auf einem Huegel mit Blick auf einen riesigen See, einem grossen Buffet, einer Tanzflaeche und gutem Sound. Viele internationale Studenten der International School of Business und niemand, den man jemals vorher gesehen hat.
Sind irgendwann (so kurz vor Sonnenaufgang, denn die Rikschas haben schon angefangen zu zwitschern) nach Hause gekommen und mein Schaedel war kurz vor der Explosion. Weiss nicht, wie wir nach Hause gekommen sind und wer mir meine Kontaktlinsen rausgemacht hat, aber spaeter hab ich noch die Kloschuessel umarmt. Hab sie echt vermisst...

Der naechste Tag (Sonntag) begann (etwas) spaeter als urspruenglich geplant mit einem gediegenen Brunch im fusion9 und viel Fruchtsaft, Salzigem und Kohlenhydraten. Und zum Schluss nen Kaffee, der Kater war also besiegt.
Eine Rikscha (wir haben uns die mit dem meisten Pluesch ausgesucht) brachte uns mitten in’s muslimische Herz Hyderabads, zu den Touristenmagneten Charminar (koenigliches Monument) und Mecca Masjid (Moschee). Ein bisschen zuviel Eintritt bezahlt – Preisschilder an solchen Attraktionen sagen: „Indian citizen: 5 Rps, other countries: 100 Rps“ – ein bisschen von den Tuermen geglotzt und dann weiter in den Laad-Bazaar, Bangles kaufen. Jep, Bangles, das sind diese schrill bunten und goldenen und glitzernden Armreife, fuer die man sich die Hand quetschen muss und den Daumen ausrenken, um so einen ueber die Hand zu streifen. Aber einer alleine sieht ja doof aus, also muessen’s schon mehr sein und je mehr, je schoener... Frauen scheinen drauf zu stehen!?
Wir haben uns dann noch ein bisschen von jugendlichen und nicht mehr ganz so jugendlichen Moslems, fuer die eine junge blonde Frau ohne Gewand gleichzeitig eine Attraktion, wie auch ein lebendiges Exponat der unmoralischen westlichen Hemisphaere darstellt, begaffen, beleidigen, anpoebeln, anpfeifen, beruehren und anrempeln lassen. War echt nicht besonders angenehm und wir waren erleichtert, als wir diese Haelfte Hyderabads verlassen und uns eher Richtung Heim bewegt hatten.
Auf dem Weg lag noch der Birlar-Tempel, komplett aus Marmor, den haben wir uns noch angeschaut. Ein bisschen barfuss ueber harten und kalten Stein geschlendert und die andaechtige Ruhe, die sich an solchen Orten ausbreitet, genossen.

Fotos vom Wochenende gibt’s verlinkt unter der Ueberschrift.

2.11.05

Hello & Goodbye

Gestern vormittag ist Justyna in Hyderabad angekommen. Freu mich wie ein Biber... Hab dann natuerlich nicht zur Arbeit gehen koennen ;-) Kann mich kaum noch an das Gefuehl erinnern, wie ich hier am Flughafen angekommen bin und nicht so recht wusste in welchem voellig verspulten Film ich damals war.
Umso erfrischender ist es jetzt aber, Justyna zuzuschauen, wie sie alles so krass findet, „boah“, und „hey guck mal“, und „Ah, Vorsicht ein Bus“,... Hihi, wie suess.
Erste Lektion gestern: Ueber die Strasse gehen. Ist sowas wie ne Mutprobe hier.
Abends dann in eine unserer tausend Lieblingsbars gegangen, die wir in 500 verschiedenen Laendern haben und mit einem lachenden und einem weinenden Auge sowohl „Welcome Justyna“ als auch „Bon Voyage Ariane“ gefeiert haben – Ariane ist heute Nacht nach Hannover zurueckgeflogen. Wie es halt so ist, ist die Party am letzten Abend immer die geilste. Das gemeine Partytier scheint von Natur aus masochistisch veranlagt zu sein und macht sich den Abschied immer noch schwerer, als er ohnehin schon ist.
Zu aller Ueberraschung spendierte Madhu eine fette Sahnetorte mit eben der Aufschrift „BON VOYAGE ARIANE & WELCOME JUSTYNA“. Und fuer beide einen Strauss roter Rosen. Und wie ihre Augen geglaenzt haben...
War immer ein bisschen skeptisch seinen Frauengeschichten gegenueber. Aber verdammt, jetzt kann ich mir so richtig vorstellen, wie er die Maedels um den Finger wickelt, dieser Hund. Bin jetzt schon ein bisschen eifersuechtig...
Richtig lustig war die darauffolgende Tortenmaske, die wir den beiden Maedels verpasst haben. Hihi. Ist gut fuer die Haut...
Den sowieso schon gelungenen Abend haben wir dann auf dem Parkplatz laut groehlend ausklingen lassen („Hey, ich kann was auf Hindi ruelpsen...“) und Ariane spaeter zum Flughafen gebracht. Verabschiedungen sind Scheisse!

Happy Dipawali

puuh… bin endlich wieder da. Die ganze letzte Woche wieder geschaeftlich in Hubli gewesen, die Maschine pruefen. Eine Woche lang jeden Tag nur Hotel -> Fabrik -> Hotel . Essen und Unterkunft waren allererste Sahne, das Unterhaltungsprogramm hat aber schwer zu wuenschen uebrig gelassen. Das Hotel war eben weit draussen, wo’s so schoen ruhig ist und idyllisch und... Also morgens in die Fabrikhalle sitzen und dem Hersteller zusehen, wie man eine Maschine zerstoert, noch bevor man sie an den Kunden ausliefert, abends im Hotelzimmer Hindi-Movies angeschaut. Kontakt zur Aussenwelt gab es praktisch nicht, weil 56K-Modems hier der allgemeine Standard sind und ich DSL-verwoehntes Kind so schnell ungeduldig werde. Handy geht nur an ganz bestimmten Punkten, die man eigentlich mit einem Kreuz aus Gaffa-Tape am Boden markieren sollte.
Also haben wir auch fast nichts mitbekommen von den Anschlaegen in Delhi und dem schweren Zugunglueck nahe Hyderabad, einen Tag bevor wir in einem aehnlichen Zug eine aehnliche Strecke gefahren sind. Als ich mich dann am Freitag fuer ein paar Minuten zufaellig genau auf einem dieser Handyempfangspunkte befand, kam gleich ein Anruf, der mir fast das Gehirn zum anderen Ohr herausgeblasen haette: „HALLO??? WAAAAAAAS IST DENN MIT DIR LOS? MELDEST DICH SCHON SEIT EINER WOCHE NICHT MEHR UND WIR HIER ZUHAUSE GLAUBEN SCHON DU BIST TOT!!!“ Ich: „Ja, aeh, tach auch, Justyna!“ Hab also so von dem Zugunglueck erfahren.
Wie schon beim Suizid-Bomber vor ein paar Wochen, war es dann bei den Bombenanschlaegen auf ein paar Bazaare in Delhi, wo sowohl viele Einheimische, als auch Touris hingehen. Wird hier irgendwie ziemlich gleichgueltig behandelt... Und in den Personenkreisen, die weder wirklich aussen vor stehen, noch so richtig in die Kultur involviert sind – ich rede von Expats, wie uns – werden Krankheiten, Bombendrohungen, lebensgefaehrliche Strassenueberquerungen, Mord und Totschlag und vergleichbare Uebel gerne mit Humor ueberspielt. Meist geschmacklos, aber jedesmal zu dem Zweck hier nicht vor lauter Paranoia voellig durchzudrehen.

Die letzten paar Tage war hier ein grosser Feiertag – Dipawali – ich glaube Hindu, aber wer weiss das schon. Mit viel Geboeller und Raketen wie an Silvester. Welcher Tag von den paar letzten jetzt genau der Feiertag war, da ist man sich hier nicht so einig. Ist ja eigentlich auch egal und deshalb wurde einfach die ganze Woche von 7 morgens bis spaet in die Nacht mit Boellern rumgeworfen, wobei Boeller ja fast schon zu suess klingt fuer diese Geschosse – ich weiss jetzt wo Saddam seine geheimen Bomben und Raketen gelagert hat. Er hat sie wohl unter den armen Indern verteilt. So als wohltaetige Spende.
Wer schon mal in Indien war, weiss was laut ist. Wenn diese Inder dann einmal im Jahr die Gelegenheit bekommen, mal so richtig auf den Putz zu hauen um die ganzen boesen Geister zu vertreiben... und Haeuserreihen in die Luft zu jagen: KRAWUMMM!!!