14.11.05

Love/Hate: Serviceparadies Indien fuer Dummies

Bin oefters gefragt worden, was ich an Indien liebe und was ich hasse. Ich sach ma: Alles irgendwie beides.

Nach einem wochenlangem Kampf mit der Vorstellung von Moral und Anstand, die einem selbst in's Gehirn gebrannt wurde, und dass diese hier mit der Tatsache mit Fuessen getreten wird, dass man hier alles hinterhergetragen bekommt, ueberall bedient wird und die Tuer aufgehalten bekommt, muss ich gestehen: Ich hab mich daran gewoehnt. Wahrscheinlich werde ich mich schwer tun, wieder alleine abzuwaschen, den Muell runterzubringen, nach einem Saufgelage nicht heimgefahren zu werden, sondern einsam nach Hause torkeln zu muessen und vielleicht werde ich meine eh schon flache Nase gegen so manche Tuer knallen, weil sie mir nicht eilig aufgehalten wird. Ein Schelm, wer dabei Schlimmes denkt...

Anfangs empfand ich es als unglaublich laestig, in jedem Laden sofort drei Angestellte um mich rum zu haben, die mich mit Fragen bombardiert haben, wie, ob mir die Groesse so passe, ob's ein bisschen weiter sein darf, ob ich nicht auch diesen anderen Style probieren moechte,... In Restaurants nach jedem Biss gefragt zu werden, ob der jetzt ok war, die Schaerfe gering genug, die Konsistenz auch nicht zu fest, das Wasser kuehl genug, ob sie mir nochmal einen Aschenbecher bringen duerfen, kann schon so richtig auf den Sack gehen. Aber: Immerhin wird hier nach meinem Wohlbefinden gefragt, und was sich zu meiner positiven Ueberraschung feststellen durfte: Die Fragen werden sehr ehrlich gestellt. Wenn's Dir naemlich nicht gefaellt, werden sofoft saemtliche Hebel in Bewegung gesetzt, um den gegenwaertigen Zustand so gut es geht zu beseitigen, und zehnmal um Entschuldigung gebeten. Es ist eine Art von Entgegenkommen, die ich anfangs noch als ekelhaft unterwuerfig empfunden habe - vielmehr ist es aber Ehre, die einem als Kunden, Zahlendem oder Vorgesetztem erwiesen wird. Ganz und gar nicht unterwuerfig, sondern in der religions- und traditionsbewussten Gesellschaft tief verankert und in dieser Logik sogar Erhaben wer sich so verhaelt. Man wird hier ehrlich und aufrichtig geehrt und sollte den anderen Menschen (wieder passend zu unserer Moral) genauso ehren; ostasiatische Etikette wie aus dem Bilderbuch.
Als Europaer hat man ja sofort ein schlechtes Gewissen, sobald man mit Service in Beruehrung geraet und verhaelt sich entweder peinlich beruehrt oder mies gelaunt wie ein Spaet-Kolionalist.

Kann folgenden Umgang mit schwierigen Situationen empfehlen:
- Den Kopf so wackeln, wie die Einheimischen, heisst: In einer raetselhaften Mischung aus bejahendem Nicken und verneinenden Schuetteln eine undeutbare Aussage machen (erfordert ein bisschen Uebung).
- Immer schoen laecheln.
- Dabei durch die Blume und mit ein bisschen Witz mitteilen, was jetzt nicht so toll ist, oder was man besonders schaetzt.

Macht echt Spass, Inder genauso auf dem Schlauch stehen zu lassen, wie sie es mit mir sehr haeufig tun. Das beste dabei: sofort wird gehandelt. Wenn nicht mit dem gewuenschten Effekt, dann das gleiche nochmal von vorne: Kopf wackeln, laecheln, sprechen,...

1 Comments:

Anonymous Anonym said...

Keine Angst, du WIRST den Müll runterbringen und waschen und spülen.
Sagt Dein Kurzzeitmitbewohner in spe.

Aber keine Angst: Alleine heimtorkeln wirste nicht müssen.

14/11/05 13:37  

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