28.2.06

Manic Tuesday

Dienstag gehoert sicher nicht zu meinen Lieblingstagen, aber dieser Dienstag ist eigentlich ein Donnerstag. Morgen ist bei mir schon Halbzeit und fuer Donnerstag und Freitag hab ich mir frei genommen. Justyna kommt heute abend und morgen abend gehen wir zusammen nach Birmingham auf's Jack Johnson Konzert (Yesyesyes). Dann bekomme ich von der Firma entweder einen Firmenwagen, oder wir werden mit dem 7er BMW vor die Tuer chauffiert - indeed very sophisticated, this is. Scheint wohl so, als haette es sich bereits bis zum Personalmanegement rumgesprochen, dass ich mir hier fuer Probleme den Arsch aufreisse, die nicht meine sind.

Letzte Woche hatte ich wohl einen kleinen Durchhaenger, wie man sicherlich an meinen Eintraegen rauslesen kann, ohne zwischen die Zeilen schauen zu muessen. Ansteckender als die Grippe ist hier wohl der Sarkasmus. Ist wohl Heimweh, was mich hier runterzieht.
In meinem Bekanntenkreis gibt es dann zum Glueck noch ein paar andere Leute, die ihr Heimweh nicht verleugnen und mit denen ich dann in's Kino gehen kann oder mal in einen Pub - beides hab ich noch nie so oft besucht - um sich ein bisschen die Zeit zu vertreiben (wer haette gedacht, dass Ossis so nett sein koennen ;-).

Letzten Samstag gab's ne WG-Party von einer (Ost-)Deutschen (Hihi), die sich diese Woche auf nach Hause macht (in den Osten...). Motto: Oscars (oder: Ost-cars?!). Dresscode: Filmstar oder einfach schnieke. Stimmung: super! Bilder: Gibt's demnaechst...

easy listening

Mein Soundtrack fuer diese Woche:

Stereophonics - Maybe tomorrow

Supereasy sound, laid back und drueckt meine gegenwaertige Stimmung aus.
Legal runterzuladen bestimmt auf itunes.

23.2.06

welcome to england

Letzte Woche erzaehlt mir Smudge in der Kneipe noch, in England haette es in Folge der Erderwaermung seit ueber zehn Jahren nicht mehr geschneit. Und heute ist es soweit. Riesige weisse Flocken schweben vom grauen Himmel herunter und geben der unwirtlichen feuchten Kaelte etwas schoenes.

In meiner fuenften Woche hier, bin ich endlich in England angekommen. Hab mir eine Erkaeltung reingezogen (Symptome: brennender Hals, verschwollene Augen und verstopfte Nase). Wenn man niest, hoert man hier nicht ‘Gesundheit’, sondern ‘Welcome to England’. Das nenne ich Patriotismus – oder ist das Sarkasmus?

Hab ich schon von meiner Arbeit erzaehlt? Seit ca. 4 Wochen bin ich in ein Projekt involviert, in dem ich innerbetriebliche Qualitaetsprobleme bei einem bestimmten Bauteil untersuchen soll (darf natuerlich nicht verraten, dass es sich hierbei um den Werkzeughalter der 2-achsigen CNC-Drehmaschinen der QTN-Baureihe handelt). Ich rede also den ganzen Tag mit Leuten und versuche herauszubekommen, welcher Prozess welche Variablen bestimmt.
Komisch, aber auf die lustige Art, ist in einer japanischen Firma in England, dass von Seiten der Mitarbeiter ein ehrfuerchtiges Misstrauen gegenueber der japanischen Belegschaft besteht, die ja von der Zentrale in Japan nur hierher geschickt werden, um zu kontrollieren, ob hier auch anstaendig produziert wird – so jedenfalls die Auffassung der Englaender.
Mir ist manchmal, als wuerde ich oefters schraeg angeschaut, wenn ich hier mit Zettel und Stift durch die Hallen ziehe und Notizen mache, so als wuerden manche glauben, ich sei ein japanischer Spion im geheimen Auftrag der Zentrale, verkleidet als deutscher Student. Passender Begriff aus dem Qualitaetsmanagement: Hawthorne-Effekt.

Update: Heute mittag ist’s nur noch nass und kalt. Bbbbrrrrrrr...

21.2.06

Wir sitzen alle im gleichen Loch

Die Welt ist schrecklich. Nichts hat mehr Bestand, keine Werte, keine Geduld, kein Vertrauen. Egoismus ueberall und jederzeit. Jeder leidet darunter und keiner vermag es zu aendern. Gelegentliche Versuche von Freundlichkeit, Zuneigung und andere Lichtblicke versanden in Misstrauen und Ignoranz. Menschen haben Angst vor Veraenderung, weil es ja noch schlimmer kommen koennte. Erwachsenwerden hat so einen bitteren Beigeschmack von Resignation. Und weil wir alle so sind und weil es keinem besser geht, ist das doch auch wieder ganz normal. Macht das Mut?

Klingt gemein, aber hin und wieder von Euch zu hoeren, und mitzubekommen in welchen Untiefen Ihr so steckt, baut mich hier gewaltig auf. Bin halt doch nicht der einzige und bin schon gar nicht berechtigt zu jammern. Danke :-)

Und jetzt ihr: Kopf hoch! Nach dem Regen kommt immer Sonnenschein. Wer jetzt saeht wird morgen ernten. Ich prophezeihe: Der naechste Sommer wird gigantisch!!! Stellt Euch schon mal drauf ein :-)

18.2.06

Gleichgueltigkeit

Fuehl mich gerade ziemlich relaxed, gewissermassen 'laid back', wie man hier zu sagen pflegt. Zwar waere ich gestern fast verrueckt geworden, weil mal wieder nichts geklappt hat in der Arbeit, aber das war halt ein ganz normaler Freitag. Trotzdem mache ich mir keinen Stress, solange jeden Freitag Zahltag ist und ich jeden Tag mein English Big Breakfast und mein Mittagessen bekomme. Trotz meines ziemlich interessanten Projekts, bezweifle ich, dass es irgendjemandem auffallen wuerde, wenn ich mal eine Woche fehlen wuerde. Bin ich nicht in dieser Abteilung, denken die Leute, ich sei in einer anderen und vice versa. Deswegen mache ich auch schon jeden Tag ne Viertelstunde laenger Pause - natuerlich immer mit nem Stueck Papier und nem Stift in der Hand. Brainstorming...

Hab hier schon auch meinen Spass. Gestern erst wieder spaet in der Nacht mit Timo und Chris kichernd nach Hause gewankt. Ich lerne hier viele nette Menschen kennen, meistens ueber Timo, der ja schon seit Oktober hier ist und inzwischen einen ziemlich grossen Bekanntenkreis hier hat. Bosch hat hier auch ueber 20 Praktikanten. Mazak nur zwei. Die Leute sind ok und mehr interessiert mich an ihnen irgendwie nicht. Ich moechte nicht wissen, woher sie kommen oder was sie machen, was ihnen Spass macht und was sie aufregt. Ich freue mich ueber ihre Gegenwart, die mir erlaubt, mich ein bisschen zu zerstreuen, aber ich fuehle nicht das Verlangen, eine gemeinsame Leidenschaft zu entdecken, bzw. grosse Freundschaft aufzubauen. So richtig setze ich mich auch nicht ein. Wenn mich jemand anruft, bin ich dabei - wenn nicht, dann halt nicht.
Ist das egoistisch oder eine Konsequenz aus der Gewissheit, dass ich nur noch sieben Wochen hier sein werde? Dekadente Gleichgueltigkeit, oder eine Art Bindungsangst mit der Aussicht auf baldige Trennung? Vielleicht laeuft's halt genau so in ner modernen und globalisierten Welt: Had Deinen Spass! Nimm mit, was auf dem Weg liegt! Danach: Macht's gut, ihr Idioten!

Moechte man es so betrachten, dann sitze ich die Zeit hier gerade ab. So wirklich hier sein moechte ich eigentlich nicht. Ich vermisse Stuttgart.

Name geaendert

Hab diesen Blog umbenannt, weil die Anspielung des alten Titels auf den Che-Road-Movie 'Motorcycle Diaries', oder im Deutschen 'Die Reisen des jungen Che', meines Erachtens nicht mehr offensichtlich genug war.
Ausserdem klingt 'Die Reisen des jungen Khai' ein bisschen pathetisch - so jung fuehl ich mich dann auch nicht mehr, aber das ist eine andere Geschichte ;-)

Den neuen Titel 'Die Welt ist ein Dorf' soll ausdruecken, dass man in der Ferne seine Heimat mit klareren Augen sehen kann. Man reist so fern und fuehlt sich in einem anderen Teil der Welt als Beobachter, der mit offenen Augen die Dinge sieht, die er zuhause uebersehen wuerde, sei es aus Routine oder in all der Hektik. Die Dinge bleiben aber ueberall die gleichen, nur in anderen Farben. Wer den Schrecken dann erstmal ueberwunden oder sogar uebersprungen hat, kann sich an den Details erfreuen, die dann schliesslich doch den Unterschied ausmachen. Das ist auch der Grund, warum reisen bildet.

13.2.06

Dancing in the rain

Das Nachtleben in Cardiff ist legendaer. Geruechte schwirren durch das gesamte Vereinigte Koenigreich, die alle von der Freizuegigkeit und Hemmungslosigkeit zu spaeten walisischen Stunden berichten. Es gibt in Cardiff eine Haupt-Ausgeh-Meile, die St. Merryl Street, in der sich Schicki-Micki-Laeden, Funk-Schuppen, Rockerkneipen, Australasiatische Bars usw. gute Nacht sagen.
Zum fruehen Abend an jedem Wochenende, wird die ganze Strasse, die tagsueber eigentlich eine Hauptverkehrsstrasse ist, komplett abgesperrt und der laermende beginnt sich dort zu versammeln. Wie hier so ueblich ist das weibliche Geschlecht jeglicher Gewichtsklasse voll aufgemotzt anzutreffen, das bedeutet dann Stilettos, Roeckchen, die nicht viel laenger sind als ein Guertel breit und Oberteile, die tief blicken lassen und die Schultern nicht mal versuchen zu bedecken. Und sonst nichts! Bei diesem Wetter! Minusgrade! Bbbrrrrrrrr!!! Blasenentzuendung...
Dann gibt's noch solche, die in Krankenschwesternuniform ausgehen, welche, die sich als Fee verkleiden, oder als inkontinente Saeuglinge. Was bei uns an Fasching, oder vielleicht auf dem Oktoberfest gerade noch geduldet wird, wird hier jedes Wochenende aufgefuehrt. Die Strassen sehen nach so einer Nacht dann auch entsprechend aus...
Dieses Wochenende war zufaellig das Rugby Match zwischen Schottland und Wales in der Stadt und die Strassen ziemlich ueberfuellt. Ueberall diese Schotten in Ihren Kilts und Dudelsaecken, kriegsbemalte walisische Familien, Hooligans und alle betrunken. Aber tierisch lustig drauf :-)

Tatsaechlich kommt man in Cardiff ziemlich schnell mit Menschen in's Gespraech und in den Genuss eines unterhaltsamen Abends (resp. Tag/Nacht).
Dieses englische Bier macht einen aber irgendwie ziemlich schnell betrunken und am naechsten Tag Kopfschmerzen. Nach drei Pints schon sind Justyna und ich durch Cardiff's verregnete Strassen gewankt, bis wir in der Fussgaengerzone um 3 Uhr nachts einem Strassenmusiker begegnet sind. Was stand also naeher, als dass wir beide uns dazugesellten und unsere Engelsstimmen zu Oasis 'Don't look back in anger' beizusteuern. Thrilling! Als Zugabe forderte er uns auf zu tanzen, waehrend er fuer uns Clapton's 'Wonderful tonight' spielte. Regen, spaete Nacht, Strassenmusik, Tanzen, gelegentlich ein paar verlorene Seelen auf den Strassen und '...you were wonderful tonight...'. Geht doch fast nicht schoener, oder?

Sven ueberm Teich

Sven, mein Mitbewohner und Leidensgenosse waehrend der Zeit in Hyderabad, sitzt seit kurzem in Wilson/North Carolina fest. Das wird sich in den naechsten 6 Monaten wohl nicht aendern, also wird er dort in seinem bezahlten Exil die Netzwerkprobleme der Voith-Niederlassung erst verursachen, dann beheben (in dieser Reihenfolge). Wer seine Eindruecke verfolgen moechte, sei auf diese Seite verwiesen: Streiflicht aus den USA

10.2.06

Schoenes Wochenende

Ich fahr heut nach der Arbeit nach Cardiff, Justyna besuchen. Freu mich schon wie Bolle :-)

7.2.06

Nach dem Papst...

...ist jetzt also Johannes Rau gestorben. Helmut Schmidt ist auch schon sehr alt.

rocking the workshop

Da gibt's doch diese AGVs, diese 'Automatic Guided Vehicles', oder FTFs fuer 'Fuehrerlose Transport Fahrzeuge'. Die fahren hier in der Fabrik auf unsichtbaren Leiterbahnen rum und machen sich ueber lautes Piepen bemerkbar, damit niemand ueberfahren wird.

Ich wollt's ja erst nicht glauben, aber tatsaechlich haben diese ATVs hier ein Tape-Deck drin und dudeln den ganzen Tag die Musik, die man da reinsteckt. Heute kam 60's-Gitarrenmusik. Also solche Musik aus Zeiten, in denen England noch eine Arbeiternation war. Muss man sich mal vorstellen: Anstatt zu schrauben, spielt die Belegschaft Luftgitarre... Yeah!

4.2.06

Please, after you.

Wenn die Welt unterginge, wuerden Briten vor den Toren zum Juengsten Gericht, zivilisiert wie sie sind, in einer Schlange warten.

Soundtrack dazu: zero7 - Waiting in a line

1.2.06

Eindruecke aus meinem Alltag

Seit meinem ersten Arbeitstag wohne ich bei einer Gastfamilie in einem riesigen Haus, in dem ich immer noch nicht von jeder Tuer weiss, in welchen Raum sie fuehrt. Ich hab im ersten Stock ein kleines aber gemuetliches Zimmer mit Blick auf die ruhige Strasse, in der das Haus steht. Die Gastfamilie besteht eigentlich nuraus dem Vater, der den groessten Friseurladen in Worcester besitzt und seinem 32-jaehrigen missratenen Sohn, der kein Bock auf Arbeiten, viel mehr auf Party, hat und den ganzen Tag zuhause rumhaengt. Sind aber beide ganz nett, wobei sie bereits in der ganzen Stadt als grosse Aufreisser bekannt sind - so zwitschern jedenfalls die Spatzen von den Daechern.

Morgens steh ich so um sieben auf und mach mich gegen Viertel vor acht auf zur Bushaltestelle, um entweder den Bus zur Arbeit zu nehmen, oder mit Kollegen mitzufahren, die hier in der Naehe wohnen. Dann Arbeit, Arbeit, Arbeit und dazwischen nur zwei Pausen (15, respektive 30 Minuten), die ich mit ausgiebiger Mahlzeit in der wirklich empfehlenswerten Kantine fuelle. Vielmehr Zeit, ausser fuer eine Zigarette bleibt dann nicht mehr. Abends um halb fuenf ist Feierabend und ich geh raus in's dunkle England und auf dem schnellsten Weg nach Hause, weil's draussen doch so kalt ist. Das Tageslicht seh ich nur am Wochenende... Abends bin ich bisher noch nicht soviel weggegangen. Es gibt hier schon ein paar nette Pubs, sind aber meistens ziemlich teuer.

Gestern hab ich mich erst mit Timo getroffen. Seit dem Mathevorkurs studieren wir zusammen, kannten uns aber bisher nur vom Sehen. Auf dem Bauigelfest letztes Jahr haben wir entdeckt, dass wir zur selben Zeit in Worcester sein werden. Er bei Bosch und ich im gleichen Industriegebiet gleich nebenan bei Mazak. War also gestern erst bei ihm in der WG und hab endlich mal ein paar Gleichaltrige und vor allem auslaendische Praktikanten getroffen. Ein bisschen Anschluss tut immer gut. Timo wohnt aber echt in einem baufaelligen Haus und jeder von der WG zahlt eine unverschaemt hohe Miete, aber immerhin sind sie unter sich.
Spaeter sind wir noch in einen Pub gegangen und mir konnte nicht entgehen, dass ich der einzige Raucher dort war - Rauchen scheint in England ziemlich verrufen zu sein.. Es war ein ziemlich komischer Anblick, so eine Kellerkneipe, die eigentlich verraucht sein sollte. Hab mir dann auch ordentlich Muehe gegeben, den Raum mit Rauch zu fuellen...

Heute hab ich in der Firma Kosten verursacht. Eigentlich duerfte ich ja nicht - rein versicherungstechnisch - aber ich tat es, naemlich einen Kran bedienen. Als ich die eine Maschine mit dem Kran beladen hab, bin ich mit dem Kran an einer Linearfuehrung des Befuellungsroboter haengengeblieben. Diese hat sich ein bisschen gebogen und kann jetzt die geforderte Positionsgenauigkeit nicht mehr einhalten. Nachdem die ganze Maintenance-Mannschaft (meine Kollegen von letzter Woche) heranmarschiert kam und der zustaendige Manager benachrichtigt wurde, war klar, dass eine neue Linearfuehrung aus der Zentrale in Japan bestellt werden muss. Fuer die naechsten zwei Wochen steht der Roboter also still. Wie mir versichert wurde, wird es keinerlei Kosquenzen fuer irgendjemanden geben und ich werde nicht rausgeschmissen.

Ich denke nach diesem Vorfall werden sich die Zustaendigen Gedanken ueber ein Projekt fuer mich machen und mich so schnell wie moeglich aus der Werkstatt holen. Ich wollte sie ja schon warnen: "Lasst mich bloss nicht in die Werkstatt! Ich bin verflucht!" Aber wer nicht hoeren will,...

Andi hat schon recht: "...unsereins ist für die Overall-arbeit nicht geschaffen." Ist das nicht auch der Grund, warum wir studieren?