23.11.05

Soddom und Kolkata

So da waer ich mal wieder. Hab jetzt erst die Moeglichkeit und Zeit gefunden, ein Cyber-Cafe aufzusuchen. Befinden uns gerade in Darjeeling, der Stadt/Region zum leckeren Tee. Werde spaeter noch darueber berichten, erstmal ein paar wenige Worte ueber Kolkata verlieren.
Unsere erste Station haben wir mit dem Flieger spaet abends erreicht. Am Flughafen von Kolkata, uebrigens der Hindi- und inzwischen offizielle Name fuer Calcutta, hat uns schon ein junges Ehepaar erwartet, welches mit Madhu befreundet ist. Wie urspruenglich ausgemacht, sollten wir die geplanten drei Naechte bei ihnen zuhause verbringen, um einerseits ein bisschen Geld zu sparen und andererseits direkt am Alltag beteiligt zu sein. Am selbigen fruehen Abend haben sich die beiden allerdings gedacht, sie koennten uns in ein guenstiges und tolles Guesthouse stecken, weil sie selber ja so weit draussen wohnen und das fuer uns ja so ungeschickt ist. War fuer uns auch ok. Also sind wir Richtung Salt Lake City gefahren und haben die Besitzer um elf Uhr nachts noch rausgeklingelt. Auf dem Weg wurde uns noch erzaehlt, dass z.Z. ein internationales Filmfestival steigt und deshalb alle Betten ausgebucht waeren - ausser eben dieses - was fuer'n Glueck! Sind mit ihnen dann noch was essen gegangen und haben sie dann auf die weite Reise in ihr eigenes Heim geschickt.
Am naechsten Morgen aufgewacht und ein bisschen die Gegend erkundet und dabei festgestellt, dass die
Salt Lake City ein Neubaugebiet am Rande der 25 Millionen Stadt Kolkata ist, also sowas von gar nicht zentral. Zum ausgemachten Zeitpunkt ist das Ehepaar dann auch nicht aufgetaucht. Nach einem kurzen Anruf stellte sich heraus, dass der Aermste ploetzlich todkrank sei und in's Krankenhaus muesste, Magenprobleme. Haben die beiden uebrigens die restlichen zwei Tage auch nicht mehr gesehen, er ist naemlich genau an dem Abend aus dem Hospital gekommen, an dem wir weitergereist sind. Ein enttaeuschendes Beispiel indischer Gastfreundschaft...
Da wir das eh schon geahnt haben, sind wir von vornherein allein rumgezogen und haben uns die weltunbekanntesten Sehenswuerdigkeiten gegeben, die Kolkata zu bieten hat. Mit dabei war das Victoria Memorial, das die Briten vor einiger Zeit wahrscheinlich fuer "Charles, Prince of Wales Himself" errichtet haben, das Eden Garden-Cricket Stadion und die Howghli-Bridge, die sich dadurch auszeichnet, dass sie eine Spannweite von ueber 400 Metern ohne Pfeiler ueberspannt und dabei einen indischen Berufsverkehr tragen kann, dabei aber nicht zu sehen ist, vor lauter Abgasen. Etwas schoenes war aber das Hauptquartier der Organisation von Mutter Theresa, in dem sie auch begraben liegt und eine Gedenkstatue steht. Viele junge Leute aus aller Welt haben sich dort als Volunteers gemeldet, um fuer eine frei waehlbare Zeit edlen Dienst zu leisten. Kolkatas ehrliches Gesicht, d.h. die engen und schmutzigen Strassen, mit Behausungen, die nicht viel groesser als eine Behinderten-Toilette sind, hat uns ein Einheimischer gezeigt, den wir im Park zum Memorial kennengelernt haben.
Anfangs noch ueberrascht, dass die Strassen in Kolkata, im Gegensatz zu Hyderabad uberhaupt nicht ueberfuellt sind (nachts jedenfalls), die Luft so sauber (im Stadtrandwohngebiet), die Gegend so ruhig (dito) und die Leute so freundlich (solange Du Geld hast), stellte sich in kuerzester Zeit heraus, dass man vor lauter Staub und Abgasen weder atmen noch sprechen kann, Verkehrschaos nicht existiert, weil vor lauter Fahrzeugen kein Verkehr mehr stattfindet und fast jeder, dem wir begegnet sind uns bescheissen wollte und es auch tat. Taxifahrern traue ich sowieso nirgends mehr auf der Welt. Wenn Du auf diese weltweit agierende und bis ins Detail organisierte mafioese Berufgruppe angewiesen bist, musst Du als Non-Local sowieso schon den dreifachen Preis bezahlen. Nach kurzer Zeit hatten wir den Stadtplan schon fast im Kopf - sind ja immerhin mit dem Taxi gut rumgekommen - konnten uns deshalb auf den Bus wagen. Wenn Du erstmal den richtigen Bus erwischst, weil die Route (wie freundlich) auf Bengali angeschrieben steht, befindest Du Dich mitten in einem Stahl-Elefanten-Rennen. Die Strasse vollgestopft mit vier Bussen, die zur gleichen Zeit die gleiche Route fahren und versuchen sich gegenseitig Kunden abzulocken. Am naechsten Tag also mit der Rikscha und der Metro. Ging, war ok und war billig. Aber der letzte Tag. Jetzt wissen wir's fuer's naechste Mal, was hoffentlich nicht so bald ist.
Nette Sache noch. Hab naemlich erzaehlt bekommen, dass Guenter Grass in diesen Tagen in Kolkata residiert. Zufaellig versuche ich gerade die Blechtrommel zu lesen und dachte ich koennte ihm vielleicht eine Widmung und ein Foto abluchsen. Immerhin ein Nobelpreistraeger. Das Hotel soll dasselbe sein wie im Film "City of Joy". Also diesen Film angeschaut und beim Hotel hingeschaut, bei Patrick Swayze weggescheschaut. Name notiert und in Kolkata den passenden Namen zum fiktiven Filmnamen recherchiert. Dorthin gefahren und mitgeteilt bekommen, dass Guenni vor vier Monaten fuer drei Wochen hier im kitschig britischen Schloesschen inmitten der Elendsgegend gewohnt habe. Als Trostpreis habe ich mein Foto aber bekommen - ein Original mit Guenter und seiner Gattin. Freu mich voll...