6.12.05

Nix zum Nikolaus (ausser Bilder - click)

Wollte ich mich doch schon fast als Schwabe outen. Als gebuertiger Ulmer, der erst meckert, bevor er etwas toll finden kann. Misstrauisch, wie wir noch waren, von den enttaeuschenden Erlebnissen im Norden, dachten wir, wir wuerden hier nichts anderes erleben. Wir sollten uns dabei geirrt haben. Zwar waren wir am ersten Tag ein bisschen aufgekratzt, weil wir nach der langen Reise von Delhi nach Kochin nur noch was essen wollten, dafuer aber anderthalb Stunden nach einem Lokal suchen mussten, dass um neun Uhr abends noch was anbietet, und uns das gleiche dann am naechsten Morgen mit dem Fruehstueck passiert ist: Anderthalb Stunden rumgetigert, bis irgendwas essbares aufzutreiben war. Unsere anfangs angeschlagene Stimmung liess aber nicht lange mit sich bitten und verwandelte sich schon nach kurzer Zeit in Heiterkeit, als wir im schoeneren und gemuetlicheren Teil Kochins, Fort Cochin, rumgelungert sind. Kein Verkehr, keine Hektik, kein Gehupe und viel Sonne. Meine Aussage von neulich, dass in Cochin nichts ginge, moechte ich selbst kommentieren: Was soll denn schon gehen im Paradies? Hab ich etwa Party ohne Ende erwartet? Die Menschen zeigten in Kerala bisher nur ihre freundliche Seite und bis jetzt hat uns noch niemand ueber's Ohr gehauen, oder wir haben's halt nicht gemerkt.
Spaetestens als wir am Ufer zu den Backwaters fuenf Schritte hinter den Fischernetzen den Fischern ihren Fang abgekauft haben und weitere fuenf Schritte landeinwaerts eine Kueche aufgesucht haben, die uns unser eben erstandenes Kilo Tiger-Prawns und die drei Suesswasserfische zubereitet hat und wir diese Delikatessen direkt unterm Mond verspeist haben, war die Welt wieder in Ordnung.

Am naechsten Tag hatten wir's dann ziemlich eilig, fuenfzig Kilometer weiter nach Sueden zu kommen, nach Allappuzha, wo ein Hausboot bereits auf uns wartete und uns fuer die naechsten 24 Stunden eine exklusive Herberge sein sollte. Kerala ist durchzogen von den Backwaters, ein labyrintartiges Gewaesser, dass wie ein mehrarmiger Fluss das ganze Hinterland durchzieht. Haeuser sind nah am Wasser gebaut und das Alltagsleben scheint sich auf dem Wasser abzuspielen. Schulkinder werden morgens vom Schulboot abgeholt und in die Schule gefahren, die direkt am Wasser gebaut ist. Oefters sind riesige Entenschwaerme zu sehen, die von ihren Entenhirten durch den Kanal gescheucht werden. Morgens nachdem die Sonne aufgegangen ist, versammelt sich die Familie am Wasser vor dem Haus und vollzieht ausgiebig die morgendliche Hygiene. Am Ufer beugen sich Bananenpalmen neben Kokospalmen ueber's Wasser und ganz langsam und gemaechlich tuckert ein Bambusboot, so gross wie eine Zweizimmerwohnung, ueber das spiegelglatte Wasser und zwei voellig verchillte Traveller beobachten und geniessen die friedlichen Szenen. Auf dem Weg haben wir noch bei einem Fischer Halt gemacht, bei dem wir frischen Hummer und Prawns kaufen konnten, die es dann zum Dinner gab. Nach dem opulenten Abendmahl, das uns unsere dreikoepfige Crew zubereitet hat, sassen wir noch bei kuehlem Bier auf dem Oberdeck und lauschten den Gesaengen der Froesche und dem Zirpen der Grillen in den Reisfeldern. Haetten wegen mir noch ewig so weiter tuckern koennen.

Sind jetzt wieder auf festem Boden in einer Huette in einem Ressort in Allapuzha. Weil hier aber wirklich nichts geht, hab ich endlich die Gelegenheit gefunden, ein paar Bilder hochzuladen. So ein paar von jeder Station, die wir bisher gemacht haben. Morgen geht's an die Grenze zwischen Kerala und Tamil Nadu in das Periyar Wildlife Sanctuary, wo wir drei Tage Elefanten reiten, mit Tiger kaempfen, mit Affen entlausen und Voegel ...aeh... singen werden.

Die Adventszeit hat ja inzwischen angefangen, heute ist Nikolaustag und ich hatte meine Sandalen vor die Tuer gestellt und war dann ganz enttaeuscht, als heute morgen nichts drin war. Bin wohl ein unartiger Bursche gewesen :-( Wuensche Euch trotzdem eine besinnliche Adventszeit, viel heissen Gluehwein und keine kalte Ohren. Denkt an Eure Mitmenschen auf der anderen Seite der Welt, denn wir denken auch an Euch.

2 Comments:

Anonymous Anonym said...

Ich denk an Euch und schau jeden Tag bevor ich anfang zu arbeiten, ob Ihr was neues erlebt habt :-) Schön dass es jetzt besser ist, die letzten Posts klangen recht deprimierend.

Hier in Italien gibt's Glühwein übrigens immerhin im Supermarkt, aber nix mit Ständen und draußen besinnlich zusammen frieren...

Take care!

7/12/05 17:02  
Anonymous Anonym said...

bigup dem photos!
Sehr geil.

Neidische Grüsse,
W

9/12/05 18:16  

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