24.12.05

Frohes Fest - Bildschirmhintergrundtapeten gibt's nach Klick

Auch an uns geht die Weihnachtsstimmung nicht voellig vorbei. Seit gestern haengen vor unserer Huette sternfoermige Lampions und oefters am Tag sieht man hier eine Art indische Sternsingergruppe herumstreunen und Weihnachtslieder intonieren. Morgen wird hier der traditionelle Christmas-Football-Cup ausgetragen und am heutigen Heiligen Abend findet in unserer Huettensiedlung die Christmas-Party schlechthin statt. Wir bewohnen seit nunmehr einer Woche eine sehr einfache kleine Huette unter den Kokospalmen, die den Strand abgrenzen. Dann und wann werden wir aus dem Schlaf gerissen, weil mal wieder eine Kokosnuss meint, reif zu sein und sich auf unser Dach fallen zu lassen. Geht man von unserem Huetteneingang ueber die kleine Terrasse Richtung Meeresrauschen, so kann man das extrem lautlos machen, weil Sand, der so fein ist wie Mehl, kein Knirschen verursacht. Hab's naemlich nicht mitbekommen, als ich neulich meine Ayurvedic-Massage im Freien mit geschlossenen Augen genossen hab und Justyna sich an mir vorbeigeschlichen hat, um mir eine Stunde lang dabei zuzuschauen, wie ich absolut relaxed bin. Nachdem wir wochenlang von Ort zu Ort gereist sind, einen Tag hier, einen dort und dabei keine Zeit fanden die Orte richtig kennenzulernen sind wir jetzt ganz froh ein bisschen Ruhe zu finden, den Urlaub jetzt wirklich Urlaub sein zu lassen. Die Sachen, die wir erlebt haben, koennen wir hier nachtraeglich auf uns wirken lassen. Ein bisschen in der Sonne brutzeln und im Meer planschen hilft dem Erinnerungsvermoegen dabei auf die Spruenge.

Wir befinden uns zu der Zeit, waehrend ich diese Zeilen schreibe, am Strand des kleinen Oertchens Palolem im Sueden Goas, der dafuer bekannt ist, dem Massen- und Partytourismus noch nicht zum Opfer gefallen zu sein. Entlang der 1,5 km weiten Bucht, in der das frische Wasser des arabischen Meers keine allzu grossen Wellen schlaegt, reihen sich aber trotzdem Bambushuetten an die naechste und ueberall gibt es Bars und Restaurants. Die Traveller, die schon ne Weile hier sind oder schon mal da waren, erzaehlen wehmuetig, wie einsam dieser Ort vor nicht allzu langer Zeit, d.h. drei Jahren, war. Man kann sich das nur schwer vorstellen, weil der Strand, auf welchem sich bisher zum Glueck noch kein einziges Gebaeude aus Stein Platz gemacht hat, so eigentlich schon traumhaft ist. Es gibt keine Liegestuehle, keine Sonnenschirme, keine alten, fetten Inklusivtouristen, die mal Autohaendler waren, und keine schmierigen Animateure. Dafuer eine Menge junger Traveller von 20 bis 35 aus aller Welt, ein paar junge Familien mit putzigen Kindern und als kleiner Wehrmutstropfen zu viele Briten und zu viele Israelis auf einem Fleck. Briten und Israelis sind eigentlich super-nette Leute, so wie ich sie bisher erlebt hab, aber zu viel ist einfach zu viel. Wenn man sich also ein bisschen anstrengt und versucht, sich diesen Ort ganz ohne Briten, Israelis, Deutsche, Franzosen, ohne Bambushuetten und fliegende Haendler vorzustellen, also so unberuehrt, wie er anscheinend vor ein paar Jahren noch war, dann kann man sich wohl vorstellen, wie das Paradies wohl auszuschauen hat.

Am Dienstag, glaube ich, sind wir fruehmorgens auf einem Fischerboot hinausgefahren, mit der Absicht, Delphine zu sehen. Trotz den vergeblichen Versuchen in diversen Wildparks, Tiger und Elefanten zu beobachten, liessen wir uns den Mut nicht nehmen und sind mal wieder in aller Herrgottsfruehe aufgestanden. Tiere haben einen Tagesrhythmus, der meinem sowas von nicht entspricht! Tatsaechlich konnten wir, nachdem wir eine halbe Stunde ueber Wellen geritten sind, ein paar Delphinruecken aus der Ferne betrachten. Tolle Tricks, wie nah rankommen und mit dem Schwanz wackeln, auf dem Ruecken schwimmen oder durch brennende Reifen springen, sowas gibt's wohl nur in Disney-Land, haben wir hier naemlich nicht gesehen.

Am Tag drauf sind wir wieder frueh aufgestanden, haben uns einen Roller gemietet und sind entlang der Coast-Line in den Norden gefahren, 80 km nach Anjuna, wo Mittwochs ein riesiger Flohmarkt entlang des Strandes stattfindet. Fuer die 80 km haben wir auf dem Hinweg fuenf Stunden gebraucht, weil wir uns staendig in irgendwelchen kleinen Doerfern verfahren haben, oder ewig auf eine Faehre warten mussten, die uns die zwanzig Meter ueber einen Kanal bringen sollte. Wie wir aber dort waren auf diesem riesigen Markt, der eine Atmosphaere hat, wie die Maerkte auf Reggae-Festivals, total bunt und durcheinander, mit tausenden Dueften und Farben, schreiende Haendler und ein paar Europaer, die ihr Kunsthandwerk teuer verkaufen, waren die fuenf Stunden Arsch-platt-sitzen schnell vergessen. Zwei Stunden konnten wir uns auf dem Bazaar goennen und mussten die sympathische Atmosphaere schon wieder verlassen, weil wir vor Sonnenuntergang schon wieder auf dem Roller sitzen wollten. Wir haben kurzfristig entschieden, auf dem Rueckweg den Highway zu nehmen, der uns in der Haelfte der Zeit, sprich zweieinhalb Stunden nach Hause fuehren sollte. Bis zum Highway selber mussten wir aber auch noch finden, und das hat uns noch einen kleinen Zwischenfall mit der Polizei beschert.

Voellig ueberfordert vom indischen Strassenverkehr in kleineren Ortschaften, dem Linksverkehr und auf der Suche nach der richtigen Richtung wurden wir hinter einer hektischen Kreuzung in Panjim von einer Polizeistreife an den Strassenrand gebeten. Ohne meinen europaeischen Fuehrerschein und ohne Pass, stellte ich mir eine indische Zelle schon mal von innen vor. Eingesperrt unter der sengenden Hitze Goas. Aber ein Cowboy zeigt keine Furcht. Ich wurde darauf hingewiesen, die Signale des Verkehrspolizisten nicht beachtet zu haben, der den Fahrzeugen aus meiner Richtung Stop signalisiert hatte. Dass ich der einzige war, wage ich immer noch zu bezweifeln. Jedenfalls wurden mir nach der Aufforderung, meinen Fuehrerschein vorzuzeigen, der ich "leider nicht nachkommen konnte, Officer", 1050 Rupees in Rechnung gestellt. Da ich aber nur ca. 400 Rupees mit mir gefuehrt hatte, fragte ich die zwei Wachmaenner, die sich meiner Sache angenommen hatten, ob sie denn mit 20 US-$ vielleicht auch besaenftigt waeren, und, schwupps, ohne es selbst beabsichtigt zu haben, befand ich mich in einer Korruptionsaffaere. Da die zwei ploetzlich sehr netten Freunde und Helfer die Wechselkurse nicht im Kopf hatten, gab ich ihnen bereitwillig die Auskunft, dass 20 US-$ ("Yes Mr.Officer, this really is US-Dollar") ungefaehr 1000 Rupees, wenn nicht viel mehr entspraechen. Voellig gelogen... Der gruen-blaue Andrew Jackson verschwand ziemlich unauffaellig in einer Hosentasche und die laechelnden Beamten liessen uns bereitwillig weiterfahren, ohne zu verpassen, uns eine gute Fahrt zu wuenschen, den Weg noch zu erklaeren und heisse Insider-Tipps fuer weitere Polizeikontrollen mit auf den Weg zu geben.

Ansonsten bewegen wir uns hier nicht viel, ausser von einem Restaurant zum naechsten und immer wieder zu unserer Kokospalme. Mal waren wir eine Bucht weiter, wo der Strand zwar nicht ganz so unglaublich paradiesisch flache Wellen hat, die Einsamkeit aber anscheinend der Palolems vor fuenf Jahren entspricht. Unser Tagesrhythmus richtet sich nach Ebbe und Flut (Das Meer verzieht sich immer mal wieder fuer ein paar Stunden fuer einige zig Meter nach hinten), nach Sonnenauf- und -untergang und nach Lust und Laune. In den letzten Tagen konnte ich meine Technik im Frisbee noch ein bisschen ausfeilen und abends habe ich das orientalische Spiel Carrom gelernt.

Wir wuenschen Euch allen eine schoene Weihnachtszeit und dabei viel Zeit und Muse, das vergangene Jahr mit allen ihren Vorkommnissen zu reflektieren, ueber laengst vergessenes noch einmal zu lachen und laengst verdraengtes noch einmal aufzuarbeiten.

Als kleines Weihnachtsgeschenk hab ich ein paar weitere Bildschirmhintergrundtapeten hochgeladen, die im Tigerreservat in Kumily beginnen und in hier in Goa aufhoeren. Sonnenaufgang Nr. 7 und Panorama-Landschaftsaufnahmen inklusive.